Unsereiner schwimmt ja auch gerne mal mit 100 Leuten. An einem heißen Sommertag im Freibad zum Beispiel. Hätten wir allerdings einen Privatpool, würden wir etwas weniger Gesellschaft vorziehen. Doch die Geschmäcker sind verschieden. Karl der Große hatte sein Schwimmbecken in Aachen gern gut gefüllt. Oft soll er mehr als 100 Leute zum privaten Badevergnügen geladen haben. Aber was ist bei einem Kaiser schon privat?
Schwimmen als Inszenierung
Politik und Wasser gehen gerne öffentlichkeitswirksame Verbindungen ein. Der italienische Politiker Beppe Grillo stürzte sich 2012 in die Fluten der Meerenge von Messina. Was für einigen Spott sorgte, hatte sich doch vor ihm Mussolini schwimmend für die Wochenschauen ablichten lassen. Bekanntestes Beispiel für einen begeisterten Schwimmer ist vermutlich Mao, der im Alter von 73 Jahren den Yangtze durchschwamm. Der politisch angeschlagene Große Vorsitzende bewies damit revolutionären Elan. Deutsche Politiker flachen dagegen ab. 1973 kämpfte sich der damalige Umweltminister Klaus Töpfer mit pinker Badekappe durch den Rhein, angeblich als Beweis für die hohe Wasserqualität des deutschesten aller deutschen Flüsse. Jahre später bekannte er, es habe sich um eine Wettschuld gehandelt. Dann erschütterte noch die Pool-Romanze des Verteidigungsministers Rudolf Scharping die Republik, der sich der Öffentlichkeit mit neuer Liebe beim Planschen zeigte. Bundesrepublikanische Politiker haben eben nicht so viel Glück mit dem Wasser. Unvergessen das Verdikt Herbert Wehners über Bundeskanzler Willy Brandt: „Der Herr badet gerne lau.“
Kraulen bevorzugt
Bereits im Alten Ägypten, in Griechenland und in Rom gehörte Schwimmen zum Unterrichtsprogramm der Bessergestellten. Augustus soll seine Enkel höchstselbst das Schwimmen gelehrt haben. Außerdem war Schwimmen Bestandteil der militärischen Ausbildung. Als Schwimmhilfe nutzte man aufgeblasene Tierbälge oder Kork. Schwimmwettkämpfe waren übrigens ein eher exotisches Ereignis, der antike Mensch schwamm zum Vergnügen und um sich fit zu halten. Glaubt man den Abbildungen, war in der Antike Brustschwimmen nicht üblich, man kraulte. Nach Tacitus sollen die Germanen hervorragende Schwimmer gewesen sein, die selbst bei eisiger Kälte beherzt ins Wasser stiegen. Nackt natürlich.
Das Dampfbad als Herrschaftsinstrument
Karls des Großen Biograph’ Einhard berichtet, der Kaiser liebte die Dämpfe heißer Naturquellen. Daher seine Vorliebe für Aachen, wo schon die Römer ausgedehnte Badeanlagen errichtet hatten. Aber Karl badete nicht nur, er schwamm auch gerne und so gut, dass es niemand mit ihm aufnehmen konnte (sagt jedenfalls Einhard). Karl badete bevorzugt in Gesellschaft, er lud die Söhne ein, Freunde, Gäste, aber auch seine Leibwache und sonstiges Gefolge durfte mit ihm baden. Flache Hierarchien würde man so etwas heute wohl nennen oder ein Incentive. Mitarbeiterbindung eben. Dabei darf man natürlich den Symbolwert des Sich-Reinigens im Quellwasser nicht unterschätzen. Jedem Christen war der Zusammenhang zwischen Bad und Taufe bewusst.
Über Wasser halten
Ertrinken galt als unehrenhafte Todesart. Obwohl es nicht selten vorkam. Der Staufer Friedrich Barbarossa konnte offensichtlich schwimmen, die Quellen berichten, dass er nach seiner Kaiserkrönung in der Adria badete. Am 10. Juni 1190 kamen Barbarossa und sein Kreuzfahrerheer an den Fluss Saleph im südlichen Anatolien. Es war ein glühend heißer Tag. Das Heer überquerte den Fluss. Der Kaiser nahm eine kleine Mahlzeit zu sich. Von der Hitze des Tages ermattet, wollte er sich in dem kühlen Fluss erfrischen. Der Überlieferung nach sollte schon Alexander der Große auf dem Weg nach Osten im Saleph gebadet haben. Im Wasser sackte der 70jährige Barbarossa zusammen. Vermutlich hatte er einen Herzschlag erlitten. Wo er begraben liegt, weiß man nicht. Der Legende nach schläft er im Kyffhäuser. Für seine Gegner jedenfalls war dieser ruhmlose Tod eine verdiente Strafe.
Buchtipp
Der in Berlin lehrende Kunsthistoriker Horst Bredekamp hat sich 2014 anlässlich des 1200sten Todestages Karls des Großen mit dem badenden Kaiser beschäftigt und dessen Herrschaftsverständnis mal etwas anders interpretiert, nämlich fluid. Für mich nicht in allem nachvollziehbar, aber wer hineinschauen möchte:
Horst Bredekamp, Der schwimmende Souverän. Karl der Große und die Bildpolitik des Körpers, Klaus Wagenbach, Berlin 2014
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