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Nur Narren lachen

When you smile: Socke mit lächelndem Gesicht

„Heut’ weiß ich, die Lacherei war reaktionär, infolgedessen denk’ ich nach und schreite ernst einher,“ sang Reinhard Mey 1972 über die destruktiv-unkonventionelle „Annabelle, ach Annabelle“. Ja, das Lachen ist dem Menschen eigen, aber ob und über was gelacht wird, ist nicht zu allen Zeiten gleich. Vom 4. bis zum 10. Jahrhundert wurde nicht gelacht, jedenfalls nicht offiziell und vor allem nicht im Kloster. Das wäre vielleicht anders gewesen, wenn Jesus mal gelacht hätte. Aber im neuen Testament steht nichts über einen lachenden oder wenigstens lächelnden Jesus. Der wahrhaft Gläubige hatte also ernst einherzuschreiten.

Der Mönch spricht wenige und vernünftige Worte

 Im Kloster war das Lachen verpönt. Columban bestrafte heimliches Lachen im Gottesdienst mit Schlägen. Kein Geschwätz, keine Albernheiten, keine Scherze und zwar immer und überall. „Wir erlauben nicht, dass der Jünger zu solchem Gerede den Mund öffne,“ heißt es in der Benediktinerregel. Vor allem das laute, schallende Gelächter hatte zu unterbleiben, geht damit doch immer ein Verlust der Selbstkontrolle einher. Wer herzhaft lachte, galt als unbeherrscht. „Der Narr bricht in schallendes Gelächter aus.“ Über den heiligen Martin (der mit dem Mantel) hieß es, sein Gemütszustand sei stets derselbe gewesen, niemand hatte ihn je zornig, aufgeregt, traurig oder lachend gesehen. Das war das Ideal: der selbstbeherrschte, ausgeglichene Mensch, von geradezu ermüdender innerer Gelassenheit. Wie die Realität aussah, wissen wir natürlich nicht. Da wird schon das ein oder andere fromme Scherzwort gefallen sein, sicher in gelehrtem Latein. Erst im Hochmittelalter setzte sich die Ansicht durch, dass Jesus als Mensch auch gelacht haben müsse. Eine befreiende Erkenntnis.

Lachen bei Hofe

Ein gekröntes Haupt genoss ein paar mehr Freiheiten als ein kleiner Mönch. Aber während Tränen gesellschaftlich akzeptiert waren, musste man beim Lachen vorsichtig sein. Der von Bischof Gregor von Tours verehrte König Gunthram lachte zwar, doch erfreute er sich nur an frommen Scherzen. Derselbe Gunthram ließ auch gern Leute, die ihn geärgert hatten, mit Mist bewerfen. Ob er dabei gelacht hat, weiß man nicht, kann man sich aber vorstellen. Ludwig der Fromme machte seinem Namen alle Ehre und lachte niemals, selbst wenn sich das um ihn versammelte Volk freute, blieb die Spaßbremse ernst. Und das Volk erlaubte sich natürlich nur ein maßvolles Lachen. Heinrich I. gab sich gerne leutselig bei Gelagen, scherzte auch ab und zu, aber die Gäste mussten höllisch aufpassen und sich keine Freiheiten herausnehmen. Also nicht zu viel und nicht zu wenig lachen, wenn der König mal einen Witz machte. Merke: Bei Hofe konnte man recht schnell etwas falsch machen. Im Kloster wusste man wenigstens, dass man nichts durfte.

Der Name der Rose

Wenn wir hier schon über das Lachen reden, wie wäre es dann mal (wieder) mit einem Blick in Umberto Ecos großartigen Mittelalterkrimi „Der Name der Rose“? Hier prallen alte und neue Auffassungen vom Lachen aufeinander. Der Franziskaner William von Baskerville und sein Gehilfe Adson von Melk untersuchen im Jahr 1327 merkwürdige Mordfälle in einer norditalienischen Benediktinerabtei. Und ja, die Anspielungen auf Sherlock Holmes und Watson sind gewollt. Spannend, auch wenn manche sagen, das Buch hätte einige Längen. Nicht für Historiker. Einfach nur gut. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Daniela (Dienstag, 07 März 2017 20:47)

    Vielleicht gab es ja auch nicht viel zu lachen, sondern mehr zum weinen....

  • #2

    Anne Mann (Freitag, 24 März 2017 21:28)

    Es galt: Nur wer sich selbst beherrscht, kann über andere herrschen. Ist eigentlich immer noch aktuell.