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Der König jagt (2)

Vase aus Attika, um 540 v. Chr., Herakles bringt Eurystheus den erymanthischen Eber

Herakles, der Sohn des Zeus, erhielt von seinem Dienstherrn Eurystheus die Aufgabe, den riesigen, die Felder verwüstenden erymanthischen Eber lebendig zu fangen. Wie der gewaltige Herakles, den Eber lässig über die Schulter geworfen, sich dem angstvoll in einem Vorratsgefäß versteckenden Eurystheus nähert, war ein beliebtes Motiv in der griechischen Kunst. Vase um 540 v.Chr. aus Attika, gefunden in Vulci

© The Trustees of the British Museum    

Eine Schule für den Krieg

Artemis, zuständig für die Jagd, war zwar eine weibliche Gottheit, doch in Griechenland war die Jagd Männersache. Die Griechen jagten gerne und viel. Xenophon (ca. 430 - 355 v.Chr.), ein Vertreter der literarischen Elite, Verfasser eines Buches über die Jagd, hielt das Weidwerk für ein Geschenk der Götter an die Menschen. Jagen gehörte zum Erziehungsprogramm männlicher Jugendlicher. Man war der Ansicht, die Jagd härte ab, sorge für einen gesunden Körper, gute Augen und Gehör, sie schule somit alles, was man als guter Soldat brauche. Wie man sieht, bildeten auch im griechischen Denken Krieg und Jagd ein Paar. Im Mythos (und in der Realität) spielte der Schutz der Felder und der Herden vor wilden Tieren eine große Rolle. Der kalydonische Eber mit Hauern wie Stoßzähnen und Borsten wie Speere, Abkömmling einer gewaltigen mythischen Sau, tötete Vieh und Arbeiter König Oinos’, bis er an einem Speerwurf Meleagers verendete. An dieser Jagd waren (fast) alle griechischen Helden beteiligt, darunter eine Frau, die jungfräuliche Atalante, was dann auch prompt für Ärger sorgte. Zwei der Herren weigerten sich, mit einer Frau zu jagen, einer verliebte sich und das Ganze endete mit Mord und Totschlag - nicht nur für den Eber.

Alexander der Große

Bodenmosaik aus einer Villa in Pella. Alexander der Große und sein Feldherr Krateros bekämpfen einen Löwen
Das Bodenmosaik kann heute im Archäologischen Museum in Pella bewundert werden.

Ob die Jagd eine besondere Bedeutung für die Herrscherideologie der Makedonen hatte, wissen wir nicht. Alexander der Große (356 - 323 v.Chr.) jedenfalls begeisterte sich für die orientalischen Jagdsitten. Mit der Löwenjagd knüpfte er bewusst an die Jagdtradition der bei den Griechen verpönten gottgleichen persischen Großkönige an. Seine Nachfolger behielten diese Sitte bei. Das Bodenmosaik aus einer Villa in Pella (spätes 4. Jh. v.Chr.) zeigt zwei löwenjagende Makedonen. Beide sind in heroischer Nacktheit abgebildet und unterscheiden sich nur durch die Kausia, eine Mütze makedonischen Ursprungs. Der Mann mit der Mütze soll Alexander sein, der andere sein Feldherr Krateros, der dem Herrscher in einer bedrohlichen Situation zu Hilfe eilt. Krateros hatte von dieser Jagdsituation eine bronzene Statuengruppe in Auftrag gegeben als Weihegeschenk für das Heiligtum in Delphi. Die Gruppe ist nicht mehr erhalten, doch das Mosaik soll eine bildliche Darstellung davon sein. Vermutlich hat die Jagd tatsächlich stattgefunden, in den Wildparks der persischen Großkönige in Sidon, das Alexander 333 v.Chr. erobert hatte.

Spät entfachte Jagdleidenschaft

Münze 117-138 n.Chr., Vorderseite Büste Hadrians, Rückseite: Hadrian erlegt vom Pferd aus ein Wildschwein mit einem Speer

Münze Kupferlegierung, 117 - 138 n.Chr.

Vorderseite: Büste Hadrians

Rückseite: Hadrian, galoppierend auf einem Pferd, der mit der rechten Hand einen Speer auf ein Wildschwein vor ihm wirft.

© The Trustees of the British Museum

Die Römer hatten eher eine pragmatische Einstellung zur Jagd. Das mag daran gelegen haben, dass aristokratische Repräsentationsformen in der römischen Republik nicht wohl gelitten waren. Für die Römer war die Jagd sportliche Ertüchtigung. Der Geschichtsschreiber Sallust (86 - 34 v.Chr.), ein Zeitgenosse Cäsars, war kein großer Freund körperlicher Betätigung. Für ihn war die Jagd eine sklavische Beschäftigung. Tatsächlich setzten die Römer Sklaven ein, um ihre Felder vor Wildtieren zu schützen. Erst in der Kaiserzeit wurde die Jagd zur standesgemäßen Beschäftigung der römischen Oberschicht. Kaiser Hadrian (76 -138) tat sich besonders hervor. Er inszenierte sich in Monumenten, auf Münzen und sogar in selbstverfassten Gelegenheitsgedichten als heroischen Jäger. Bevorzugte Beutetiere waren Eber, Bären und, wir kennen das schon, Löwen. Hasen galten als weniger geeignet, um sich zu profilieren. Die heldenhafte Jagd auf Großwild war (und ist es mit Varianten immer noch) ein Privileg des Herrschers. Übrigens ein internationales Phänomen. Im Jahr 130 erlegte Hadrian zusammen mit seinem jugendlichen Günstling Antinoos in der libyschen Wüste einen Löwen. Dieses Ereignis ist literarisch gut dokumentiert. Hadrian soll das Tier absichtlich nur verletzt haben, um Antinoos Gelegenheit zum tödlichen Stoß zu geben, der Löwe stürzte sich jedoch auf Antinoos’ Pferd, so dass Hadrian rettend eingreifen musste. Eine Demonstration kaiserlicher Großzügigkeit und Heldenhaftigkeit. Der Löwe war natürlich, bar jeder Realität, ein gewaltiges Ungeheuer, das ganze Landstriche verwüstet haben soll, ein Bild, das wir schon bei den assyrischen Jagddarstellungen kennengelernt haben. Der Kaiser als Bezwinger des Feindes und Beseitiger aller Gefahren untermauert durch seinen Jagderfolg seinen Herrschaftsanspruch. Insofern nichts Neues.

Spätantike

In der christlichen Spätantike verblasste das Bild des heroischen Jägers. Die Kirchenväter, weltlichen Zerstreuungen eher abgeneigt, sahen die Jägerei kritisch. Jagd und Fischfang zählten laut Augustinus (354 - 430) zu den Scheinfreuden, besser halte man sich an die Lektüre der Schrift. Gregor der Große (540 - 604) sah in der Jagd sogar einen Akt der Hinterlist, denn nur durch List sei es dem Jäger möglich, die Beute zu fangen. 

Schlechte Zeiten also für die Jagd? Mitnichten. Im dritten Teil von „Der König jagt“ beschäftigen wir uns mit dem frühen Mittelalter.

Bis dahin Waidmannsheil!

Zum ersten und letzten Teil geht es hier: Der König jagt (1), Der König jagt (3)

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